Mein Leben nach der Herztransplantation
Erfahrungen eines Betroffenen


Nachdem ich am 06.08.15 mal wieder in der HTX-Ambulanz vorstellig werden durfte, war eigentlich alles wie immer. Anmelden, Blut abnehmen, Herzecho, EKG, Controller auslesen, Verbandsmaterial bekommen, halt alles nichts aufregendes. Linker Ventrikel weiterhin nur leicht dilatiert, Aortenklappe auf dem Echo nicht bestimmbar, ob offen oder geschlossen, nichts, was man aus den unzähligen Terminen vorher nicht auch schon wusste. Dann kam das Arztgespräch. Eigentlich auch wie immer. Warten, dass man dran kommt, reingehen zu Frau Doktor, „guten Morgen“ und dann platzte es aus ihr heraus: „Herr Cohrs, ihr HB1C (Langzeitzuckerwert) ist jenseits von gut und böse, wir nehmen Sie HEUTE stationär auf!“ Ähm wie bitte? Heute? „Ihr Wert ist dermaßen Besorgnis erregend, da Lebensgefahr besteht“. Klar, wegen dem Zucker? Na ja, sie ist die Ärztin...
Allerdings musste ich ihr klarmachen, dass ich nicht im Krankenhaus bleibe, mit nur der Wäsche am Körper, die ich gerade bei mir habe. Die MH-Hannover, ist nicht mal eben 15 Minuten von mir zuhause weg, sondern 3 Stunden. Da kann nicht mal eben jemand kommen und mir frische Wäsche bringen und was man sonst noch alles für einen Aufenthalt dort braucht. Also einigten wir uns darauf, dass ich heim fahre, alles packe und am Folgetag, sprich am Freitag, mich melde zur stationären Aufnahme. Sie willigte ein und als ich mich dann auf den Weg machte, sagte sie mir nochmals, das alles arrangiert sei und ich mich am Freitag dann bei der Aufnahme melden sollte.
So ging es Richtung Heimat. Natürlich nicht, mit dem „Yihaaaa, alles ok Gefühl“, aber irgendwie doch mit dem Gedanken, alles soweit geklärt zu haben. Mein Taxifahrer war mehr als begeistert... Klar, gegen 15:00 in der MHH erst losgekommen, 3 Stunden nach Hemmoor und er dann 3 Stunden wieder zurück nach Hannover und am Folgetag wieder um 6 Uhr bei mir sein, wegen der Fahrt wieder in die MHH. 
Zuhause angekommen, alles gepackt und dann vor Erschöpfung recht zeitig zu Bett gewesen, weil man musste ja auch wieder früh hoch... Die Nacht war nicht unbedingt das, was ich erholsam nennen würde. Gegen 6 war dann mein Taxi wieder da. Wir führen nach Hannover und die ganze Zeit hatte ich irgendwie ein komisches Gefühl. HTX-Ambulanz und mal alles reibungslos laufen? Alles im Vorfeld geklärt? Hmmm... Wieso machte mich das nur so skeptisch?...
Als wir ankamen, dackelte ich direkt zur Patientenaufnahme, zog meine Nummer und kam tatsächlich zügig dran. 
„Guten Tag, mein Name ist Cohrs, soll mich heute hier melden, zwecks stationärer Aufnahme..:“ „Welche Station?“ Puh, woher soll ich das wissen? „Wer hat Ihnen gesagt sie sollen heute stationär?“ Ha! Das wusste ich: „Die HTX-AMBULANZ“ Wildes Tippen auf ihrer Tastatur... „Haben sie eine Telefonnummer von denen?“ Klar hab ich die und gab sie der Dame. Kurzes blabla, sie legte auf und wählte eine neue Nummer... „Tut mir leid Herr Cohrs, ich muss die Station wissen. Gehen sie bitte zur HTX-Ambulanz und klären das!“ Ähmm.... Ich Patient und soll nun klären? Irgendwie hatte ich doch noch die Worte im Kopf: „Wir haben alles geklärt, morgen stationäre Aufnahme...“ Na super. Wieso hatte ich das geahnt?
Also flitzte ich quer durch die MHH zur HTX-Ambulanz. Dort angekommen, Chaos pur. Die Schwester dort, rief bei der Kunstherzkoordination an, die wiederum bei der Ärztin, die Ärztin wieder bei der HTX-Ambulanz und die bei einer anderen Koordinatorin, die rief dann die Bettendame an, um mich dann anzurufen um mir zu sagen, dass ich zur Notaufnahme müsse! Toll, also wieder quer durch die MHH, vorbei an der Aufnahme, zur Notaufnahme. Dort angekommen, alles nochmals erzählt und wieder griff die Dame zum Telefon. Da war ich schon wieder bedient, wo ist mein Taxi nach Hause? Nach einer weiteren viertel Stunde hieß es dann, Krankenkassenkarte einlesen und „mal eben“ Platz nehmen, werde gleich aufgerufen. Ah ja, mein Blick zur Uhr verriet mir, es ist kurz vor 10. Um kurz vor zwölf, kam dann jemand auf mich zu, er wolle Blut abnehmen. Ok, kennen wir ja schon. Weitere 30 Minuten später, kam die selbe Person und verpasste mir erst mal eine Spritze mit Insulin, weil Zucker zu hoch ist.
Weitere 40 Minuten vergingen. Ein Arzt kam zu mir, zum Aufnahmegespräch. Ich erzählte nochmals alles von vorne und hey, welch Überraschung, er gab mir auch noch mal eine Injektion mit Insulin. Dann hieß es endlich: Station 11. Als ich mich auf den Weg machen wollte, sagte man mir, ach nee ist Station 31 und die Dame, die mich dann auf Station brachte, ging mit mir auf die 21. Hmm... Wo bin ich denn nun? 11? 31?21? Wildes Rate mal mit Rosendahl...
Ok, um die Verwirrung nun mal zu lösen: Station 21 Zimmer 9 landete ich dann am Ende. Ich bekam mein Bett, meinen Schrank und konnte kurz verschnaufen. Kurz darauf tauchten bei mir 3 Ärzte auf. Der Oberarzt und 2 Stationsärzte. Auf meine Frage hin, wie lange mein Aufenthalt wohl dauern wird, hieß es dann maximal eine Woche. Ich solle erst mal ankommen und dann wird er schon alles weitergehen.
Man glaubt gar nicht, wie grausam langweilig ein Krankenhaus am Wochenende sein kann. Nichts los da. Die drauf folgende Woche, war auch nicht gerade spannend. Visiten, Augenarzt Untersuchung und den Donnerstag dann zum Zahnarzt, nachdem ich den Schwestern auf den Senkel gegangen bin, dass ich da schon in Behandlung bin und noch bisschen was anliegt. Dann kam der Freitag. Und ja, ich bin immer noch im KH gewesen, obwohl es hieß, maximal eine Woche. Am Freitag hieß es dann, Anfang der Woche. Na toll, noch ein stinke langweiliges Wochenende vor mir, wo nichts passiert... Dachte ich... Doch ich sollte eines besseren Belehrt werden...
Am Freitag kam die Kunstherzkoordination zu mir, Controller auslesen. Bei der Gelegenheit sagte ich ihr gleich, dass meine Steuereinheit nachts so was von heiß wird, das es schon seltsam ist. Sie meinte erst das sein normal, fasste aber dann selber zum Controller um dann doch festzustellen, wie heiß der tatsächlich wird. Daraufhin erfolgte der obligatorische Anruf beim Hersteller Heartware. Von dort kam die Anweisung: Steuereinheit SOFORT wechseln. So sollte es dann auch geschehen. Nach 15 Minuten, stand die Dame mit einem neuen Controller und einem Arzt bei mir im Zimmer. Alles wurde vorbereitet, und dann Tadaaaa.... oops....
Ich merkte dann wieder die Pumpe wieder anlief und war etwas verblüfft, als die Kunstherzkoordinatorin dann sagte: „Da ist Herr Cohrs ja wieder“.... Wie? Da bin ich wieder? Der Arzt fragte noch kurz die Koordinatorin ob das normal sei, worauf er die Antwort bekam, dass dem so sei, das hätten 90% der Patienten, das die Herzleistung zu gering sein, um ein weiterleben ohne VAD zu ermöglichen. Moment mal! Wie Herzleistung zu schwach, ich hab schon 6x Controller Wechsel mitgemacht und da war nie was... Wovon redet die da? „Ähmm Entschuldigung, worum geht es hier gerade?“ „Tja Herr Cohrs, als wir eben den Drivelinestecker zogen um den an den neuen Controller anzuschließen, waren sie kurz weg...“ Kurz weg? Kurz da?  Ich bin verwirrt... „Ich melde mich nachher nochmal bei Ihnen Herr Cohrs“... Und weg waren sie alle wieder...
Tatsächlich rief mich die Koordinatorin später nochmal an. Mit dem Anruf begann dann das größere Chaos... „Herr Cohrs, machen Sie sich bitte mal Gedanken wegen HU-Listung, Ihr Herz ist sehr schwach geworden, ich bespreche dass alles noch mit dem Arzt und melde mich am MONTAG bei Ihnen“ HU-Listung? Montag wieder melden? Wir haben Freitag, was hab ich nun wieder angestellt?...
ok, ok, ganz ruhig jetzt... Scheiße wo ist mein Handy? Mama anrufen? Papa anrufen? Michaela anrufen? Oh Mann...
Christian mal Whatsapp schreiben... Nachdem er mir sagte, er sei zuhause habe ich ihn erst mal angerufen und Augenblick mit ihm geredet... Ok, nächste auf der Liste, war dann Mama. Sie versuchte mich zu beruhigen, erst mal abwarten was kommt und dass wir ja nun eigentlich schon lange wissen, dass der Tag kommen wird. Beruhigt hat mich das nicht gerade, aber man kann nicht alles haben. Also Michaela angerufen. Wer nun denkt, dass ich völlig neben der Rolle stehe, der hätte mal mit ihr telefonieren sollen, da hörte man die Panik durchs Telefon. 
Es dauerte nicht lange, und mein Handy klingelte. Vadders am anderem Ende. Wie es mir gehe, ich solle ruhigen Kopf bewahren und wieder die Worte, dass wir es ja schon lange wissen, dass es kommen wird und alles auf mich zu kommen lassen. Was für ein scheiß Wochenende. Selber versuchen die Fassung zu bewahren, Freundin versuchen aufzubauen und dann der Hammer, die ganze Station wusste es schon... Aber wie konnte das sein? Donnerstag hieß es doch noch, alles ok, normale Werte usw...
DAS Wochenende war glaube ich das längste, dass ich seit langem erlebt habe... Klar hat es auch nur 3 Tage Freitag bis Sonntag. Aber das waren mehr als 72 Stunden, zumindest gefühlte...
Endlich Montag. Die Kunstherzkoordination kam zu mir. Packte den Monitor ein und dann platzte es aus mir heraus: „Was ist denn nun bei heraus gekommen, beim Gespräch mit dem Arzt?“ „Ihre Werte sind alle zu gut für eine HU-Listung. Mit den Werten bekommen wie Sie nicht auf die Liste, Sie können heute ganz normal nach hause“. Toll, ganzes wild machen, Panik verbreiten für nichts! Also wieder Mama anrufen und Michaela und Entwarnung geben...
Montag mittag gegen 16:00 Uhr war ich endlich wieder zuhause...