Mein Leben nach der Herztransplantation
Erfahrungen eines Betroffenen

Tja, da saß ich nun. Eine komische schwarze schwere Tasche zu meiner rechten Seite. Gefüllt mit einem Steuergerät, 2 Akkus und die Tatsache, dass sie sich nie mehr weiter als 30cm von mir entfernen wird. Was soll der Mist? War das der Deal? Ein bisschen Lebensverlängerung zu dem Preis? Hallo? Die Patienten die sie mir dort auf Station zeigten, lachten, liefen rum, auch alleszu dem Preis? War es das, was mir erklärt wurde? Irgendwie erwähnte keiner das man nachts die laute Pumpe hört, die das Blut fördert,das man beschissen schlafen wird. Man ständig Angst haben muss, dass irgendwas mit der Driveline ist. Mal ganz abgesehen von Akkus,Ladekabeln usw.     Es kann nicht das gewesen sein, was die Ärztin mir vor der OP versprach! Sie sagte ich werde mich toll fühlen, wieder Dinge machen können, die ich vorher nicht konnte... Vorher konnte ich schlafen! War nicht an 30cm gebunden. Ok, ich konnte keine weiten Strecken oder Treppen gehen, aber das kann man ja umgehen, oder langsamer machen... Ich bin sprach und fassungslos...Das wurde mir nicht versprochen! Leben wie ein Freak. An Akkus gebunden... Oder war ich nur blind? Wollte ich nur hören was mir zusagt?     Ich mache mal einen Zeitsprung zum 22.01.2013...     Herr Cohrs, Sie haben heute Ihren Herzkatheter. Es gibt für die Implantation eines Kunstherzen strenge Richtlinien. Und nur ein Herzkatheter kann uns genaue Werte Liefern nach denen wir dann entscheiden, ob ein solcher Eingriff nötig ist oder nicht. Wir sehen uns nachher nach Ihrem Herzkatheter und entscheiden dann alles weitere...  5h nach dem Herzkatheter:  Herzlichen Glückwunsch Herr Cohrs. Ihnen geht es schlecht genug, dass wir Ihnen ein Kunstherz implantieren können. Ok was ist daran herzlichen Glückwunsch und welche Alternativen habe ich?  (Siehe dazu auch auf der Homepage: https://cohrs-sven.de/Kunstherz-und-nun/index.php)  Die Alternativen wurden mir ja schnell klar gemacht: Kunstherz, Heim und später mit schlechteren Werten wieder kommen oder eine sinnlose HU-Listung. Also schnell das Formular zur Einwilligung her, unterschreiben, und direkt die Ankündigung: Ich besorge zu Anfang der Woche den OP-Termin... Und weg war die gute Dame wieder...     Was war das? Ein Aufklärungsgespräch? Hatte ich eben eine Waschmaschine gekauft? Haben die jetzt Kontovollmacht für Spenden? Am Folgetag tauchte sie wieder auf. Malte ein Herz auf einen Zettel, kritzelte unten die Spitze weg, erklärte mir was von ein Ring, Herzspitze wird entfernt, Motor rein und Zuleitung nach oben an die Arterie. Ok, das konnte keiner verstehen, also erst mal Google fragen. Ui, ein Video dazu von einem Hersteller. Gut gut, nun konnte ich mir schon mal vorstellen was die vorhaben. Zumindest so ein wenig. Ein wenig später kam eine andere Dame ins Zimmer: Kunstherzkoordination. Wowwwww was für ein Wort und gibt es den Beruf wirklich? Sie erklärte mir so ein wenig das System das ich bekommen soll, wie toll das ist und halt viel drum rum, immer mit der Betonung: Das ist alles soooo super... Dann erwähnte sie noch ein Leberschutzprogramm mit irgendwelchen komischen Sachen die ich zu mir nehmen muss usw. „Haben Sie irgendwelche Fragen?“ Ähm hallo? Also ihr habt mir in 2 Tagen erzählt ich bin todkrank, darum brauche ich dringend ein Kunstherz. Klar das verdaut man mal eben so, als wenn man ein Bonschi in den Mund steckt. Dazu noch gefühlte 40KG Technik. Haben Sie noch Fragen?     Ja klar, Obi – Bahnhof – Die Koffer sind weg     Ok, also Fragen,.... Pffff ja also wie lange halten die Akkus? Ja, was soll man sonst fragen, wenn man von Tuten und Blasen keine Ahnung hat? Naja, die wird ja bestimmt wiederkommen. Vielleicht sind mir bis dahin welche eingefallen!     Und tatsächlich tauchten diese Leute, sprich die Technik-Dame und die Ärztin wieder auf. War ja Visite am Folgetag. Mit Oberarzt, wo meine Ärztin nichts zu melden hatte. Schaute in seine Papiere... „Herr Cohrs, Dienstag Kunstherz, ok“, und schon gingen sie wieder. Oh eine Information: Dienstag soll OP sein. An dem besagten Dienstag sah ich die Technik-Dame die mir dann sagte, dass der OP-Termin doch erst Mittwoch ist und ich noch irgendwelches komisches Zeugs zwecks Leberschutzprogramm zu mir nehmen müsse. Ja, machen wir, wenn es sein muss und hilft? Oh gegen späten Nachmittag kam tatsächlich nochmal die Ärztin. „Herr Cohrs wir sehen uns dann morgen im OP“; und weg ist sie wieder... Also wer von euch nun aufgeklärt ist, der möge mir nun einmal erklären, was die machen, wie, wann, wo, warum und vor allem       WAS KOMMT DANACH?     Tja, da stehe ich nun wieder mit meinem Talent. Oh ja, ich hab nun ein Kunstherz, aber... Was ist wenn ich es nicht mehr will? Was ist wenn damit mal etwas ist? Was passiert wenn die Lebenszeit der Pumpe erreicht ist? Wie geht es dann weiter? Was ist, wenn ich mit dem ganzen nicht klar komme und beschließe ohne Kunstherz fühle ich mich wohler oder allgemein nicht mehr mag, aufgrund schon weil ich solange kämpfe und eines Tages mal resignieren möchte und das ganze beenden. Wird nicht gehen. Nur Pumpe abstellen heißt nicht sterben. Also würde mir nur noch eines bleiben? Die Tasche mit Schwung wegwerfen und hoffen dass die Driveline am Herzen alles zerreißt?     Nun kommen die Fragen. Sie sprudeln nur so hervor. Aber zu spät. Ich hätte den Tag sagen sollen: Steckt euch euer Kunstherz dahin wo die Sonne nie scheint und wir sehen uns wenn es mir richtig scheisse geht, zur HU-Listung. Wäre das gegangen? Ich glaube ich werde es niemals herausfinden, ob es diese Optionen gegeben hätte.     Verflucht... Ich will mein altes langweiliges Leben OHNE Kunstherz wieder... Ich komme mir betrogen, verraten, verkauft und vor allem alleine gelassen vor.... Was war ich jetzt? Patient 74658 mit Kunstherz 36 im ersten Quartal, Hauptsache die Quote geschafft?     [Dies war noch nicht das Ende! Nicht falsch verstehen, es geht noch weiter!]